
Der Fundort La Souche, der von 7300 bis 4800 v. Chr. immer wieder bewohnt wurde, ist ein einzigartiger Zeitzeuge der Sammler:innen und Jäger:innen der Mittelsteinzeit. Zu jener Zeit war das Tal der Saane nach den letzten grossen Eiszeitengrösstenteils von Wald bedeckt. Die jagenden und sammelnden Nomadengruppen lebten in einem Gebiet mit einer grossen Tier- und Pflanzenvielfalt. La Souche war ein Ort, an dem sie in der Vergangenheit oft Lager aufschlugen und der unsso seltene Einblicke in ihren Alltag gibt.
Zu den Fundstücken des Orts gehören Tierknochen, Werkzeuge aus Feuerstein wie Schaberund Pfeilspitzen sowie Schmuck aus Muscheln und Hirschzähnen. All diese Gegenstände weisen darauf hin, dass ihre Besitzerinnen und Besitzer gejagt,gefischt und Leder verarbeitet haben. Die Bewohnerinnen und Bewohner von La Souche jagten demnach Hirsch und Wildschwein mit Pfeil und Bogen und fingen inder Saane Fische wie Lachse und Forellen. Sie sammelten zudem Früchte und wilde Pflanzen ebenso wie Wurzeln und Pilze. Zu den faszinierendsten Entdeckungen am Fundort gehört ein Stempel aus gebranntem Ton, der Pintadera genanntwird. Er gleicht den Stempeln, die im Balkan verwendet wurden, was ein Hinweisdarauf ist, dass die hier lebenden Völker mit anderen Völkern Kontakt hatten. Der Fund von sieben Milchzähnen weist ausserdem auf die Anwesenheit von Familiengruppen mit Kleinkindern, die ihre ersten Zähne verloren, am Lagerplatzhin.
Der Fundort von La Souche liefert weitere wertvolle Hinweise auf die Zeit, in der in Europa die letzten Jäger:innen und Sammler:innen der Mittelsteinzeit neben den ersten jungsteinzeitlichen Ackerbauer:innen und Viehzüchter:innen lebten. So werden im Gebiet der heutigen Schweiz – in Schaffhausen, im Wallis und im Tessin – gegen 5300 v. Chr. die ersten Siedlungen von sesshaften Ackerbauer:innenund Viehzüchter:innen beobachtet, die mit den grossen jungsteinzeitlichen Ausbreitungsströmen im Mittelmeerraum und entlang der Donau zusammen hängen. Der Lagerplatz von La Souche zeigt, dass im Schweizer Mittelland einige Gemeinschaften zur gleichen Zeit ihr Leben als Jäger:innen und Sammler:innenweiter führten.
La Souche ist von internationaler Bedeutung. Der Fundort erzählt davon, wie die Jäger:innenund Sammler:innen während mehr als 2500 Jahren in unserer Region lebtenund ermöglicht den Vergleich mit der Lebensweise ihrer europäischen Nachbarinnen und Nachbarn. Dank einem Molassefelssturz, der seinerzeit das Gebiet unter sich begrub und das Ende seiner Nutzung als Lagerplatz bedeutete, sind die Fundstücke ausserordentlich gut erhalten.
Heute wiederholt sich die Geschichte. Aufgrund des instabilen Geländes mussten die zu Beginn der Nullerjahre begonnenen Ausgrabungen 2012 unterbrochen werden. Seitdem wird der Fundort mit Gabionen, Sand und Begrünung geschützt, um die Überreste zu erhaltenund möglichst zu verhindern, dass das wertvolle Kulturgut beeinträchtigt wird.
Referenzen :
- Freiburger Hefte fürArchäologie Nr. 10, 2008, Nr. 15, 2013 und Archéologie FribourgeoiseNr. 27, 2020.
- Laure Tettamanti-Bassin,Archäologin.
- Amt für Archäologie des StaatsFreiburg.